Mentaltraining soll Leistungsfähigkeit stärken auf und neben dem Platz

 Das Crowfunding, also die übers Internet gestartete Spendensammlung, für das Projekt Mentaltraining 
ist durch die tatkräftige Unterstützung der Freunde unseres Vereins erfolgreich abgeschlossen worden.
René Wasmund ist seit der vergangenen Saison als Mentaltrainer für den 1. FCN 04 im Einsatz und beantwortet Fragen zum Projekt.
Was ist überhaupt Mentaltraining?
Etwas vereinfacht dargestellt, geht es im Mentaltraining darum, Blockaden und
Ängste abzubauen, eine positive Einstellung zu Leistungsanforderungen zu entwickeln und die Fähigkeit zu erlangen, auch in schwierigen Situationen mutig und gelassen zu agieren. Im Mannschaftssport kommt die Komponente dazu, die Entwicklung eines WIR-Gefühls im Team zu unterstützen.
Das Sportmentaltraining greift meist jedoch noch wesentlich weiter. Es beginnt mit Impulsen zum Aufbau einer stabilen Persönlichkeit, die sich an
Wertschätzung, Selbstliebe und Eigenverantwortung orientiert. Und es reicht bis zur Vermittlung von Fähigkeiten, besser auf die Bedürfnisse von Mannschaftskameraden und Mitmenschen eingehen zu können.
Wie bist Du dazu gekommen, als Mentalcoach zu arbeiten?
Ich habe in Wien eine dreijährige Ausbildung zum Mental- und Kommunikationstrainer absolviert. Mein Mentor Roman Braun hat viele Spitzensportler zu Weltmeistertiteln oder Olympiasiegen geführt. Es hat mich von Beginn an fasziniert, welche Entwicklung Sportler gemacht haben, nachdem sie Mentaltraining in ihre Wettkampfvorbereitung integriert hatten. Ich
möchte von dem, was ich gelernt und erlebt habe, etwas an unsere Fußballer weitergeben.
Was machst Du sonst in Deinem Leben?
Beruflich dreht sich bei mir seit 25 Jahren auf ganz verschiedenen Ebenen alles um die Zusammenarbeit mit Menschen. Wahnsinnig viel Freude bereitet es mir, Unternehmer und ihre Teams auf dem Weg zu ihren Zielen zu begleiten. Es ist ein tolles Gefühl, wenn Menschen zu spüren beginnen, was sie stark macht.
Da ist es im Sport wie im Berufsleben: Wenn du offen für Entwicklung und Veränderung bist, wenn du bereit bist, dein Handeln zu hinterfragen und wenn du mutig genug bist, Entscheidungen zu treffen – dann kannst du nicht anders, als erfolgreich zu sein.
Am Ende der Entwicklung bewältigst du Stress-Situationen gelassener, der Umgang miteinander ist entspannter und dein Immunsystem ist so stark, dass
kleine und große Krankheiten kaum noch Angriffsfläche haben.
Im Unternehmen bedeutet das mehr Gewinn und weniger Drama und auf dem Fußballplatz sind das dann die Zähler, die darüber entscheiden, ob Du Deine Zielvision erreichst oder nicht.
Welche Ziele hat das Mentaltraining?
Rein sportlich gesehen geht es darum, zu einem festgelegten Zeitpunkt die bestmögliche Leistung abrufen zu können. Nach Verletzungen, Niederlagen oder großen Erfolgen kommt es darauf an, an die Leistungen aus der Vergangenheit anzuknüpfen.
Noch wichtiger ist für mich allerdings, den Spielern zu vermitteln, dass sie ihre Leidenschaft im Training und im Wettkampf nicht nur für Ergebnisse einbringen,
sondern für ihre persönliche Entwicklung. Ergebnisse sind vergänglich, aber das, was sie emotional aus Niederlagen und Siegen lernen, bleibt für immer.
Welchen Stellenwert hat Mentaltraining im Fußball?
Technisch und taktisch rücken die Mannschaften durch gut ausgebildete Trainer und sehr gute Weiterbildungsmöglichkeiten immer weiter zusammen. Mehr denn je hängen Sieg oder Niederlage davon ab, wie Spieler mental auf fordernde Situationen reagieren und wie schnell sich die Mannschaft gedanklich auf Veränderungen im Spielverlauf einstellen kann. Genau diese Fähigkeiten
können durch das Mentaltraining entscheidend ausgebaut werden und der Mannschaft einen Wettbewerbsvorteil verschaffen.
Wie sieht das Mentaltraining in der Praxis aus?
Der Unterricht zur Persönlichkeitsentwicklung und zum Kommunikationstraining kann schon einmal mehrere Stunden in Anspruch nehmen, z.B. wenn die
Mannschaft eine Zielvision für die Saison erarbeitet oder wenn Entwicklungsziele für einzelne Spieler besprochen werden. Oft besteht das Mentaltraining aber aus kurzen Sequenzen, die nicht länger als ein paar Minuten dauern.
Zu Beginn der Saison starten wir mit Übungen, die die Fähigkeit schulen, sich auf Team-Kameraden einzulassen, sich gegenseitig zu vertrauen und sich
mutig und bedingungslos einzubringen.
Im Saisonverlauf nehmen mentale Techniken zur Abgrenzung von äußeren Einflüssen, zur richtigen Anspannung und Entspannung, Maßnahmen zur
Beschleunigung des Heilungsverlaufs bei Verletzungen und der Umgang mit Rückschlägen einen größeren Raum ein.
Hinzu kommen Einzelgespräche mit Spielern, die privat und beruflich jede Unterstützung vom Trainerteam bekommen, um sich rundum wohl zu fühlen und mit einem freien Kopf auf dem Platz zu stehen.
Ab welchem Alter ist Mentalcoaching sinnvoll?
Für Mentalcoaching gibt es keine Altersgrenze.
Gerade junge Sportler sind sehr empfänglich für Mentaltraining. Kinder haben eine große Vorstellungskraft, die durch das Mentalcoaching fokussiert und gelenkt wird. Wichtig ist, dass das
Mentaltraining Spaß macht und mit wenig Aufwand auch alleine durchgeführt werden kann.
Schon in der F-Jugend können so auf ganz einfache und natürliche Weise positive Impulse gesetzt werden, z.B. dadurch, dass man den Blick der Kids
immer wieder auf ihre Stärken richtet und sie spielerisch spüren lässt, was alles möglich ist, wenn sie mit Leidenschaft dabei sind. Altersmäßig gibt es nach oben keine Grenzen für Mentaltraining.
Wie können Fußballtrainer das Mentaltraining in ihren Ablauf einbauen?
Fußballtrainer können viele Elemente aus dem Mentaltraining problemlos in ihre Übungsabläufe integrieren. Eine ganz einfache Übung fürs Training ist zum Beispiel, dass jeder Spieler einmal einen Zettel auf dem Rücken trägt und alle Team-Mitglieder zwei Eigenschaften darauf schreiben, die sie besonders an
diesem Spieler schätzen. Da wird dann erst einmal klar, welchen Wert jeder Einzelne für das Team hat.
Gedanklich flexibler und in ihrer Persönlichkeit reifer werden die Spieler, wenn sie sich Lösungen für Probleme selber erarbeiten und sich nach jedem Spiel in einer Mannschaftsrunde kurz ein Feedback über ihre Gefühle und Wahrnehmungen zum Spiel geben – da ist der Trainer gefragt, vielleicht manchmal etwas weniger zu reden und weniger direktiv zu sein mit seinen Vorgaben.
Wo sind die Grenzen des Mentaltrainings?
Sportmentaltraining ist keine Zauberei. Wenn die Mannschaft nicht gut zusammengestellt ist und die Spieler konditionell, technisch und taktisch nicht
auf der Höhe sind, kann man das nicht durch Mentaltraining ausgleichen.
Der Erfolg vom Mentaltraining hängt außerdem davon ab, ob die Spieler bereit sind, sich auf die ganze Bandbreite des Mentaltrainings mit Visualisierungsübungen und anderen Techniken einzulassen.
Was ist Dir am Wichtigsten in der Zusammenarbeit mit der Mannschaft?
Für mich geht es in erster Linie darum, junge Menschen zu inspirieren, sich mit voller Leidenschaft einzubringen, sich jeden Tag weiterzuentwickeln, sich ein funktionierendes soziales Umfeld zu schaffen und ihr Handeln regelmäßig zu hinterfragen.
Wenn das glückt, sind die Grundvoraussetzungen für privates und berufliches Glück geschaffen und dann geht auch auf dem Platz die Post ab.
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